Manches Spielcasino von Las Vegas oder Atlantic City gleicht einem Altersheim. Doch nicht alle Senioren an den einarmigen Banditen sind süchtige Zocker, die ihre Rente verspielen. Die Gelegenheitsspieler riskieren wenig und halten einfach nur ihr Gehirn in Schwung.







Rentnerin in Las Vegas: Gesünder als Gleichaltrige, die nicht daddeln

Den Ruf "Rien ne va plus" des Roulette-Croupiers kann Mike Sanzo getrost ignorieren. Obwohl er schon 73 Jahre alt ist und die erste Bypass-Operation hinter sich hat, fühlt sich der Rentner richtig fit: "Das Spielen hält mein Gehirn in Schwung." Sanzo spielt, weil es ihm Spaß macht, und weil er unter den Stammgästen im Kasino viele Freunde gefunden hat.



Zusammen mit seiner Frau schaut der Rentner ein paar Mal in der Woche im Kasino Mohegan Sun im Städtchen Uncasville vorbei, beide verspielen immer nur ein paar Dollar. Abends vergleichen sie, wer mehr aus seinem Einsatz gemacht hat. Sanzo widmet sich gerne den Pferderennen, während seine Frau eine Münze nach der anderen in den Schlitz des einarmigen Banditen wirft.



Sanzo, der früher für das Verkehrsministerium Schilder auf den Autobahnen installierte, ist der lebende Beweis für die Ergebnisse einer Studie der renommierten Yale University: Demnach sind Menschen über 65 Jahren, die gelegentlich und aus Spaß an der Freud zocken, gesünder als Gleichaltrige, die nicht daddeln. Verglichen mit jüngeren Gelegenheitsspielern berichteten nur wenige über Alkoholprobleme, Depressionen, Geldsorgen und Konflikte mit dem Gesetz.



Diese Aussagen basieren auf Telefon-Interviews mit rund 2.400 Gelegenheitsspielern. Untersuchungsleiter Rani Desai war von den Ergebnissen, die in der September-Ausgabe des "American Journal of Psychiatry" veröffentlicht sind, selbst überrascht. Natürlich seien vertiefende Studien nötig, um festzustellen, ob sich mäßiges Zocken tatsächlich positiv auf die Gesundheit auswirkt, sagt er. Eine mögliche Erklärung seien die positiven sozialen Aspekte des Spielens - egal, ob es sich um Automaten, Poker mit Freunden oder Bingo in der Kirchengemeinde handelt: "Zum gesunden Altern gehört Aktivität, vor allem in der Gemeinschaft."









Das weiß Joe Haley schon lange: "Eine Menge Leute sind einfach einsam, das werden ihnen hier eine Reihe der Spieler bestätigten. Sie zocken ein wenig und plaudern nebenbei", sagt der 71-Jährige. Haley muss wegen einer seltenen Lungenkrankheit regelmäßig Sauerstoff inhalieren; dennoch besucht er mindestens einmal im Monat das Mohegan Sun zum Poker und Blackjack am Automaten.



Keith Whyte, Leiter der Suchtberatung National Council on Problem Gambling, vergleicht die Ergebnisse der Studie mit wissenschaftlichen Erkenntnissen, wonach ein Glas Rotwein täglich gesund sei. Allerdings dürfe das Spielen nicht zum Zwang werden.



Die Glücksspiel-Industrie hat sich inzwischen auf die ergraute Zielgruppe eingerichtet, sie bietet viele Sonderangebote und Reisen für Pensionäre an. Und nicht nur das: Manche Kasinos haben für Diabetiker spezielle Behälter zur Entsorgung von Spritzen eingerichtet, andere halten Defilibratoren - Elektroschocker gegen Herzstillstand - in der Spielhalle bereit.



Quelle: Spiegel online